Dark Mode, Flat Design, Micro Animationen etc. – immer wieder bestimmen neue grafische Trends das Design von Webseiten und Online-Medien, wie etwa Newslettern und E-Mailings. Viele Unternehmen tendieren dann schnell dazu, diese aufzugreifen, um modern und am Puls der Zeit zu sein. Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob das in jedem Fall sinnvoll ist.

Creative Director Vu Nghi Thai
rabbit eMarketing: Vu Nghi, wie bewertest du die immer neuen Designtrends im Online-Bereich?
Vu Nghi Thai: Allgemein sind neue Entwicklungen und Trends im Design – von denen viele übrigens in regelmäßigen Abständen wiederkehren – wichtig und zu begrüßen. Immerhin garantieren sie Abwechslung und Dynamik sowie neue Impulse. Damit wirken sie effektiv gegen einen visuellen Einheitsbrei und Langeweile und ermöglichen es, die Aufmerksamkeit von Empfängern hochzuhalten. Von daher kann es für Unternehmen sinnvoll und gewinnbringend sein, neue Trends aufzugreifen.
rabbit eMarketing: Um hier etwas konkreter zu werden: Wann lohnt sich das Aufgreifen von Trends deiner praktischen Erfahrung nach und wann birgt es Risiken?
Vu Nghi Thai: Passt ein neuer Designtrend zum Unternehmen, zur Marke oder zu bestimmten Produktgruppen für unterschiedliche Zielgruppen, dann spricht vieles dafür, ihn in der Kommunikation aufzugreifen und damit bei Kunden zu punkten.
Weltweit agierende Konzerne etwa, die für verschiedene Zielgruppen unterschiedliche Produkte vertreiben, setzen gerne auf neue Designtrends. Adidas beispielsweise kommuniziert global eher konservativ und klassisch. Werden jedoch Produkte für jüngere und hippe Zielgruppen beworben, dann greift die Kommunikation aktuelle Trends auf und punktet damit bei den jeweiligen Kundengruppen.
Auch kleine Unternehmen können auf neue Designtrends setzen. Wird das Unternehmen jedoch von seinen Kunden immer als Ganzes wahrgenommen und nicht mit seinen einzelnen Marken oder Produkten, dann sollten konsequent alle Medien der Unternehmenskommunikation an das neue Design angepasst werden. Nur so ist konsistenter Marktauftritt gewährleistet, der wesentlich zur Wiedererkennung des Absenders beiträgt und der durch seine Verlässlichkeit auf das Vertrauen der Kunden in das Unternehmen einzahlt.
Marketingverantwortliche sollten bei der Entscheidung zugunsten neuer Designtrends daher immer strategisch vorgehen. Dazu gehört unbedingt darauf zu achten, dass das neue Gesicht des Unternehmens zu den Markenwerten, Angeboten und Zielgruppen passt. Denn nur so nehmen die Kunden Unternehmen als authentisch, glaubwürdig und vertrauensvoll war und bleiben ihnen treu.
rabbit eMarketing: Für große Unternehmen mit vielen Marken und Zielgruppen ist das Aufgreifen neuer Designtrends in der eigenen Kommunikation also eher unproblematisch und teilweise sogar ein Muss, um am Puls der Zeit und damit für Kunden interessant zu bleiben. Wenn sich jedoch ein kleineres Unternehmen für ein umfassendes und damit sehr aufwändiges Rebranding entscheidet, wie erkennt es dann, ob es sich beim neuen Zieldesign nur um einen kurzlebigen Hype handelt? Oder ob hier ein echter Trend mit nachhaltiger Wirkung entsteht, der den großen Aufwand rechtfertigt?
Vu Nghi Thai: Bei sehr umfassenden Veränderungen, die auch erhebliche Ressourcen in Anspruch nehmen, empfiehlt es sich, eher abzuwarten und nicht direkt auf den neuen Trend aufzuspringen. Hat sich dieser dann nach einiger Zeit etabliert und viele relevante Akteure haben den Trend aufgegriffen, können Unternehmen darüber nachdenken, dies auch zu tun.
rabbit eMarketing: Besteht mit dieser abwartenden Haltung immer eine Garantie, dass sich der Aufwand lohnt?
Vu Nghi Thai: Es gibt Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, die zeigen, dass sich abwarten lohnt. Nehmen wir etwa das von Google noch 2015 als den künftigen Trend im Design von E-Mails massiv geförderte AMP for E-Mail. Trotz des prominenten Fürsprechers konnte sich dieser Designtrend nicht durchsetzen, da seine Umsetzung zu aufwändig war und die Akzeptanz in der Folge zu gering.
rabbit eMarketing: Apropos Aufwand: Ist die Umsetzung eines Designtrends in den eigenen E-Mails und Newslettern sehr aufwändig?
Vu Nghi Thai: Das ist unterschiedlich: Bei reinen Designtrends ohne Eingriff in die Technik, etwa bei einem Flat oder Floating Design, dem Einsatz von Versalien oder selbst bei Micro-Animationen, geht das relativ schnell und unkompliziert. Hier müssen lediglich die neuen Designelemente in einem HTML umgesetzt werden.
Ist die Umsetzung eines Designtrends dagegen nur möglich, indem die Technik hinter dem sichtbaren Design angepasst wird, dann ist der Aufwand ungleich größer. Ein Beispiel dafür ist der Dark Mode. Er erfordert die Erstellung verschiedener Designelemente und technische Anpassungen, damit E-Mails im Dark Mode auf unterschiedlichsten Clients und Endgeräten korrekt dargestellt werden.
rabbit eMarketing: Vu Nghi, gibt es Tipps, die du den Lesern unseres Newsletters mitgeben möchtest?
Vu Nghi Thai: Wie bereits angesprochen: Vor dem Aufgreifen neuer Designtrends lohnt es sich, erst einmal abzuwarten, welche Zukunft dem Trend beschieden ist. Etabliert sich dieser, gilt es insbesondere sorgfältig zu bewerten, ob das eigene Unternehmen oder die Marke wirklich zum neuen Trend passen. Denn nur wenn dies der Fall ist, bleibt die Kommunikation authentisch, glaubwürdig und damit erfolgreich.
rabbit eMarketing: Vielen Dank für das interessante Gespräch!